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Beim Test von Life is Feudal: Your Own mussten wir immer wieder an H.G. Wells' berühmten Roman »Krieg der Welten« denken - genau, der mit der Invasion der Marsianer in ihren dreibeinigen Kampfmaschinen. In diesem Roman gibt es eine Szene zwischen dem Erzähler und einem versprengten Artilleristen.
Der Soldat schwärmt voller Hoffnung von seinen Plänen, tief unter der Erde eine neue Menschheit zu gründen, die sich in ein paar Generationen gegen die Marsianer erheben und die Erde zurückerobern wird. Bis es soweit ist, sollen die Überlebenden in riesigen, unterirdischen Städten leben. Stolz zeigt der Mann, was er und sein Spaten bereits geschafft haben: ein drei Meter breites Erdloch in einem Kohlenkeller.
Diese Szene kommt uns beim Rollenspiel Life is Feudal immer wieder in den Sinn. Denn beim Test des Open-World-Titels geht es unglaublich gemächlich voran, nur ohne Marsianer im Nacken: Wir rupfen immer wieder die gleichen Pflanzen, pulen Rinde von Bäumen oder hauen letztere um, immer und immer wieder.
Wo in Minecraft Ressourcen im Stakkato in unser Inventar purzeln, erscheint bei Life is Feudal bei jeder Sammelaktion erst ein Fortschrittsbalken - der sich zwar schnell füllt, aber eben bei jeder Kleinigkeit aufploppt. Gleichzeitig verkündet eine schnöde Texteinblendung stolz, dass unser Stärkewert gerade um 0,00538 auf 42,18 gestiegen sei, während die Vitalität gar um 0,01076 heraufgeschossen ist. Wir sind angemessen beeindruckt.
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Minecrafts schnarchiger Schwippschwager
Arbeitsteilung: Einer schafft Holz ran, der andere mauert, wir gucken wichtig.
Ein paar Kekse, ein paar Lumpen, eine riesige Insel. Und wir. So beginnt das Rollenspiel. Entweder eröffnen wir dafür einen eigenen Server nach unseren Vorgaben (Wie viele Wildtiere? Wie schnell wachsen Früchte?), oder wir schließen uns einem existierenden Server an. Was auch immer Sie tun: Spielen Sie bitte nie, nie alleine. Denn dann sind Sie so gut wie tot - nicht von KI-Gegnern gemeuchelt, sondern aus Langeweile friedlich eingeschlafen. Denn Life is Feudal lebt von der Kooperation, von der gut organisierten Rollenverteilung innerhalb einer Gemeinschaft.
Der eine spezialisiert sich dann auf Ackerbau, Viehzucht, Kochen und Schneidern, der andere sorgt für Holznachschub und schreinert zum Beispiel Bögen, ein dritter buddelt nach Eisen, verbessert es zu Stahl und fertigt Schwerter und Rüstungen. Der nächste hebt und senkt das Gelände, gräbt Stollen oder mauert Gebäude, aus denen hoffentlich mal eine Siedlung wird, mit Schmiede und Windmühle, Mauern und Toren, Wachtürmen und Vorratslagern.
Um immer bessere Fertigkeiten zu beherrschen, müssen wir uns langsam hocharbeiten - mit Betonung auf langsam. Nur wer ausgiebigst per Schaufel Terrain planiert hat, lernt das Stollengraben, und nur wer ewig lang Stollen gebuddelt hat, kann auch Stützbalken einziehen und nach Erzadern suchen.
Dabei ist der Weg das Ziel. Es gibt keine Quests, keine Levels, keine Story. Ja nicht einmal richtige KI-Gegner wie etwa in Minecraft oder DayZ - abgesehen von null bis hundert Wildtieren, die je nach unseren Servereinstellungen auf der Insel umhertrotten. Dabei ist ein Braunbär schon das höchste der Gefühle, denn Life is Feudal spielt in keiner Fantasywelt, sondern in einer mittelalterähnlichen. Daher sind die teils mächtigen Schutzmauern auf PvE-Servern eigentlich völlig überdimensioniert.
Auf PvP-Servern sieht das schon anders aus. Für Einsteiger empfehlen wir aber dringend einen friedlichen Server - das geht aus der Serverbeschreibung hervor, hier stehen auch oft Hinweise wie »Einsteiger willkommen«. Überhaupt waren sämtliche Mitspieler, die wir getroffen haben, sehr entgegenkommend. Beim Umherstreifen und Bauwerke-Bewundern wurden wir stets freundlich begrüßt und zum Mitanpacken eingeladen.
Keine Zombies, Riesenspinnen oder Orks: Life is Feudal fährt nur ganz normale Wildtiere auf.
Ambossgegner
»Mitanpacken« ist allerdings kein Job für eine halbe Stunde zwischendurch. Als wir den stolzen Bewohner eines kleinen Dorfes fragen, wie lange er für den Bau gebraucht habe, meint der lapidar »zwei Wochen.« »Du alleine?«, wollen wir wissen und ahnen schon die Antwort: »Nein, mit 20 Leuten!«, gefolgt von den nächsten Bauplänen: »Oben auf den Berg soll später ein Kloster hin, aber das dauert noch.«
Genaue Absprachen sind bei größeren Projekten Pflicht, ohne Teamspeak und Co. wird Life is Feudal zum Turmbau von Babel. Denn das Spiel hat zwar einen klassischen Chat mit lokaler und globaler Reichweite - aber nicht mal die Möglichkeit, das eigene Lager auf der Minimap zu markieren.
Auf PvE-Servern sind solche Bollwerke eigentlich überdimensioniert, denn außer ein paar Wildschweinen und Bären dräut kein Ungemach.
Überhaupt ist das ganze Werk nicht sonderlich zugänglich. Während es noch einleuchtet, dass man aus Ast + Pflanzenfasern + Feuerstein eine primitive Axt konstruieren kann, bleiben viele Interaktionsmöglichkeiten im Dunkeln oder funktionieren gar nicht erst. Zum Beispiel scheitert die Menüauswahl »friedliches Tier jagen« daran, dass keine Spuren von Hirschen und anderen Fleischlieferanten dargestellt werden - ein Bug. Der lässt sich immerhin umgehen, indem wir auch ohne Spurensuche ein Tier aufstöbern.
Unser Liebling ist aber dieses paradoxe Problem: Je nach Servereinstellung zerfallen hergestellte Objekte nach einiger Zeit, und dann funktionieren sie nicht mehr. Das gilt auch für einen Amboss (!). Um so einen Eisenklotz zu reparieren, brauchen wir ein Reparaturkit. Und um das herzustellen, benötigen wir unter anderem ein Messer. Und jetzt raten Sie mal, was man zur Herstellung eines Messers braucht? Richtig, einen Amboss. Also müssen wir einen Amboss bauen, um einen Amboss zu reparieren...
Bisher konnten wir über solche Bugs und Designschnitzer noch hinwegsehen, doch seit Mitte November ist Life is Feudal aus dem Early Access raus und zum Vollpreisspiel geworden. Zu früh, wie wir finden, zumal auch die Performance arge Probleme macht. Denn sogar auf einem empfohlenen PC und mittlerer Grafikeinstellung ruckelt das Spiel, auf den Einstellungen hoch oder gar ultra wird's endgültig zur Geduldsprobe.
Drei Wochen Arbeit, aber noch keine Ende in Sicht: Siedlungsbau in Life is Feudal ist wie eine Modelleinsenbahn. Nämlich nie fertig.